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Wiederentdeckung nonverbaler Kommunikation – oder wie ein Kleinkind sich ausdrückt

Vor knapp einem Jahr habe ich in diesem Blog darüber geschrieben, wie schwierig sich für mich als äusserst sprachaffine Person die Kommunikation mit meiner neugeborenen Tochter gestaltet. Inzwischen ist sie zu einem 14 Monate alten, äusserst mobilen und aktiven Kleinkind herangewachsen. Obwohl sie noch nicht sprechen kann, lehrt sie uns Tag für Tag, wie sie sich auch so verständlich machen kann. Ich bin immer wieder erstaunt, welche Wege sie findet, um ihren Willen mehr als klar auszudrücken. Es ist eine regelrechte Wiederentdeckung der nonverbalen Kommunikation. Hat sie Hunger, marschiert sie zu ihrem Hochstuhl am Tisch und versucht, hinauf zu klettern. Sitzt sie dann drauf, zeigt sie auf das, was sie am liebsten essen will – vorzugsweise natürlich unser Dessert für Erwachsene – oder reckt sich nach ihrem Trinkbecher, so dass auch wir verstehen, dass sie Durst hat. Unterstützt wird das manchmal von einem energischen und fordernden «Mmh», das nur allzu deutlich «ich will» ausdrückt. Den gleichen Laut, aber mit einem fragenden Anheben der Stimme am Ende, benutzt sie, wenn sie etwas wissen möchte – ganz nach dem Motto, c’est le ton qui fait la musique. Ist sie müde, nimmt sie uns an der Hand und führt uns regelrecht ab – zu ihrem Bett, sodass wir sie hineinlegen können. Soweit so naheliegend.

Überraschend kreativ und damit noch unmissverständlicher wird sie aber, wenn sie nach draussen will – und das will sie ständig. Erst schleppt sie uns zur Haustür. Reicht das nicht, holt sie ihre kleinen Turnschuhe und drückt sie uns in die Hand. Reagieren wir nicht, versucht sie, die Schuhe selber anzuziehen – wodurch sie dann doch immerhin ein paar Minuten beschäftigt ist. Passiert immer noch nichts, bringt sie unsere grossen Schuhe zu uns. Stellen wir uns blöd an, demonstriert sie uns geduldig, dass diese an die Füsse gehören und hilft uns auch motiviert, reinzuschlüpfen. Spätestens dann hat sie meist gewonnen und wir machen uns bereit, nach draussen zu gehen. Dann wird jeweils auch klar, dass sie verbal ebenfalls schon sehr viel von dem versteht, was wir zu ihr sagen. Dinge wie «hol schon mal deine Jacke» oder «zieh bitte deine Mütze an», setzt sie dann ohne zu zögern um. Auch auf «wo ist denn dein Sonnenhut?» reagiert sie rasch und holt ihn da, wo sie ihn zuletzt vom Kopf gezupft hat. Es wird aber auch klar, dass ihr Zuhören schon jetzt sehr selektiv ist und sie uns vor allem dann versteht, wenn es nach ihrem Kopf geht. Ein «Nein», weil wir an diesem Tag trotz Regen schon dreimal draussen waren, ignoriert sie gern geflissentlich und schleppt uns weiter unermüdlich zur Tür. Dann muss auch ich als Texterin manchmal zu nonverbaler Kommunikation und selektivem Hören greifen, um mich verständlich zu machen – indem ich breitbeinig die Tür versperre, ihre Schuhe und Jacke für sie unerreichbar deponiere und ihren lautstarken Trotz dann einfach mal für ein Weilchen ignoriere…

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