Kennen Sie sie auch? Diese Missverständnisse in Beruf und Alltag, die Sie sich einfach nicht erklären können… Fast jeden Tag erleben wir doch ein «Aber ich hab gedacht, du meinst…» oder «Hab ich doch!» – «Nein, hast du nicht!». Der Partner hat den Ton mal wieder falsch verstanden, der Chef hat offensichtlich nicht zugehört oder Mutter hat wieder völlig fehlinterpretiert… Und das, obwohl man es doch gesagt hat! Schliesslich soll man ja kommunizieren! Wie kann das nur ständig passieren?
Dass Kommunikation viele verschiedene Ausprägungen hat und beim Empfänger nicht immer das ankommt, was der Sender sagen will, haben schon zahlreiche Kommunikationsmodelle detailliert untersucht, mehrfach bestätigt und theoretisch dargelegt. Doch auch wer diese Theorien kennt, findet sich immer mal wieder in der Missverständnisfalle.
Diesen Sommer habe ich einen wirklich erfrischenden Gegenpol dazu bewusst wiedererfahren. Nach längerer Fliegerpause verbrachte ich zwei Wochen in einem Segelfluglager auf einem Flugplatz mit Jet-Verkehr in den Schweizer Bergen. Und da war er: Der Flugfunk! Kurz, klar, präzise – einfach unmissverständlich! Die extra definierte, stark vereinfachte Sprache in der Fliegerei ist echtes Kommunikations-Wellness im Missverständnis-Stress des Alltags! Extra kreiert für die Sicherheit im Flugverkehr schliesst sie dank diverser Massnahmen Missverständnisse fast komplett aus. Die kurzen, standardisierten Phrasen und Kommandos über Positionen, Absichten oder Anweisungen müssen in den meisten Fällen vom aufgerufenen Gesprächspartner als sogenanntes Readback wiederholt werden, zur Bestätigung, dass alles richtig verstanden wurde. Ist das nicht der Fall, wird nachgefragt oder nochmals repetiert. Gibt jemand irrtümlich eine falsche Information durch, korrigiert er sich mit der Ankündigung «Correction» gleich selbst, ohne dass weitere Rechtfertigung nötig ist. Zudem sind Standardbegriffe so gewählt, dass sie akustisch einzigartig und unverwechselbar sind. Will ein Pilot etwa eine Kontrollzone um einen Flugplatz kreuzen, klingt das am Funk zum Beispiel so: «Sion Tower from HB-DGP, Position Anzère, 7100 feet, request to cross CTR direct to Hérémence, climbing to 7300 feet». Die Antwort vom Controller könnte beispielsweise folgende sein: «HB-DGP, Sion Tower, cleared to cross CTR direct Hérémence, maximum 7000 feet, report crossing completed.» Der Pilot muss im Readback die Angaben inklusive der verlangten Änderung der Flughöhe bestätigen: «Cross CTR direct Hérémence, maximum 7000 feet, Wilco, HB-DGP». Der Pilot hat so eine klare Anweisung, der Controller die Bestätigung, dass der Pilot ihn richtig verstanden hat.
Obwohl ich als Texterin die Vielfalt der Sprache ja wirklich überaus liebe – in manchen heiklen Situationen des Alltags wäre es doch sehr von Vorteil, man könnte auch hier die puristische Sprache des Flugfunks anwenden, um Missverständnisse zu vermeiden – inklusive Readback des Gegenübers. Wie wäre es zum Beispiel, wenn sie zu ihm sagen würde: «Schatz from Mäuschen, request flowers and dinner out for wedding anniversary on Tuesday!» Und er dann: «Mäuschen from Schatz, affirm, flowers and dinner out for wedding anniversary on Tuesday” – denn er weiss nun unmissverständlich, was von ihm erwartet wird. Unterhaltungen und Enttäuschungen wie: «Schatz, was machen wir denn am Dienstag…?» «Was wohl, wir fahren zur Arbeit…», wären damit Vergangenheit. Denn sehr oft wird nicht zu wenig kommuniziert. Nur zu wenig klar…
Guter Text! Dazu fällt mir ein: in der Paartherapie wird im sogenannt "kontrollierten Dialog" das Readback trainiert, keine Hexerei aber getade in Stress-Situationen eine wirklich gute Sache.
Vielen Dank, ein spannender Hinweis! Wäre nun interessant, zu wissen, wer es wem abgeschaut hat - die Paartherapie der Fliegerei oder umgekehrt... 😉