Kürzlich hatte ich die vermutlich einmalige Gelegenheit, das Medien-Ressort für die Radquer-Weltmeisterschaften in Dübendorf zu leiten. Wer mit Events und Medienarbeit vertraut ist, weiss, dass dieses Ressort immer etwas abgekoppelt vom Rest der Organisation funktioniert: Man bedient eine komplett eigene Zielgruppe, die grösste Arbeit beginnt erst, wenn der Event vorbei und der Rest des OKs mit dem Abbau beschäftigt ist und die meiste Zeit verbringt man nicht draussen auf dem Eventgelände, sondern in irgendeinem improvisierten Büro vor dem Computer. Das war auch bei diesem Gross-Event nicht anders. Wer nun aber denkt, das internationale Weltmeisterschafts-Ambiente sei deshalb nicht bis zu mir vorgedrungen, liegt falsch. Ich habe schon lange nicht mehr in so kurzer Zeit so viele verschiedene Sprachen gesprochen, gehört – und dann und wann natürlich auch durcheinandergebracht. Angefangen bei meinem Teamkameraden und Stellvertreter: Ein Landsmann aus dem französischsprachigen Teil des Wallis. Er spricht und versteht sehr gut Deutsch – ist allerdings froh, wenn man Hochdeutsch mit ihm redet, statt Mundart. Kein Problem, das machen wir natürlich! Schliesslich ist mein Hochdeutsch ungleich besser, als mein Französisch und ich war froh, konnte ich jeweils ihn zum Erklären oder Verhandeln schicken, wenn es mit französischsprachigen Journalisten oder Partnern etwas komplizierter wurde. Dass Englisch die Hauptsprache ist im Medienzentrum einer Weltmeisterschaft, in dem 200 internationale Journalisten ein- und ausgehen, dürfte selbstverständlich sein. Für viele von ihnen ist es aber nicht Muttersprache und nicht alle sind sattelfest in Wortschatz oder Aussprache. Das gleiche gilt für die Medaillengewinner, die jeweils gleich nach ihrem Rennen den Journalisten in einer Pressekonferenz Red und Antwort standen. Manche von ihnen sprechen fliessend Englisch – manche waren aber ausgesprochen froh um vereinfachte und klar ausgesprochene Wiederholungen der Journalistenfragen – quasi um die Übersetzung von Englisch auf Englisch meinerseits. Gebadet in ihren Emotionen fanden manche so oder so nur schwer Worte – und gerade bei den jungen Fahrern und Fahrerinnen der Kategorien Junioren und U23 waren einige froh, in ihrer Muttersprache sprechen zu können. Wie praktisch ist da beim Sieg der Französin wieder der Kollege aus der Romandie, der auch fliessend Englisch kann, oder die freiwillige Helferin mit niederländischen Wurzeln, die die Aussagen des jugendlichen Holländers und des belgischen Burschen mal eben schnell frei übersetzen kann. Bei der zweitplatzierten Ungarin, die erstens völlig überwältigt und zweitens keiner andere Sprache als Ungarisch mächtig ist, waren wir erst etwas ratlos. Die Hilfsbereitschaft unter internationalen Medienprofis ist aber zum Glück gross und so fanden wir schnell einen ungarischen Fotografen, der ein bisschen Englisch kann und uns half. Auch dem spanischen Journalisten, der an den englischsprachigen Pressekonferenzen kein Wort verstand, aber doch gerne über die holländische Siegerin mit lateinamerikanischen Wurzeln berichten wollte, konnten wir helfen – natürlich mit chaotischem Mix von spanischen und italienischen Brocken… A propos Italienisch: Die Akkreditierungsdienstleister im Medienzentrum kamen aus unserem südlichen Nachbarland. Sie sprechen zwar fliessend Englisch – dennoch waren Italienischkenntnisse äusserst hilfreich, wenn sie sich untereinander verständigten und man so noch klarer mitbekam, was ihre Herausforderungen waren. Die Online-Livestreams des Weltradsportverbandes UCI, über die wir jeweils das Renngeschehen mitverfolgten, um für die anschliessenden Pressekonferenzen vorbereitet zu sein, wurden in Englisch kommentiert. So kam es oft vor, dass mein welscher Kollege und ich während den Wettkämpfen auch plötzlich Englisch miteinander sprachen, da wir beide mithörten. Und weil ich wegen ihm so stark im Hochdeutsch drin war, wie schon lange nicht mehr, sprach ich auch mit der OK-Kollegin aus Deutschland plötzlich in Standardsprache, obwohl die seit Jahren in der Schweiz lebt und perfekt Mundart versteht. Dieses bunte Sprachwirrwarr tat der guten Stimmung im Pressezentrum aber überhaupt nichts ab – im Gegenteil! Wir verstanden einander alle irgendwie – und lebten die sportliche Fairness und internationale Kameradschaft einer Weltmeisterschaft in unserer eigenen kleinen Welt des Media Centres. Ein Hoch auf die Sprachvielfalt unserer Erde, die durch ihre Barrieren eben auch viel Solidarität schafft und so manchen spannenden Austausch mit hilfsbereiten Unterstützern ermöglicht, der sonst nie stattgefunden hätte. Dann zum Beispiel, wenn auch Journalisten keine Worte finden…