In den vergangenen Wochen habe ich mich komplett neuen
Herausforderungen gestellt – unter anderem auch in Sachen Sprache.
Verständigung war in diesem Umfeld anfänglich fast unmöglich. Und, anders, als
wenn man am anderen Ende der Welt auf Reisen ist, halfen diesmal auch Dinge
zeigen, Zeichnen und wildes Gestikulieren nichts. Warum? Ich versuchte, mit
einem Neugeborenen zu kommunizieren! Und stellte fest, mein ganzes,
umfängliches Knowhow über Kommunikation, zielgruppengerechte Formulierungen, Textaufbau,
Anpassung an verschiedene Kanäle, Tonalitäten und Kernbotschaften war hier
völlig für die Katz! Auch der dickste Dixionär und Google-Translator halfen
nichts – und die Betriebsanleitung für das Baby hatte der Storch bei der
Lieferung irgendwie vergessen... Die Kommunikation – sofern man das überhaupt
so nennen kann – schien total eindimensional und meine kleine Tochter und ich
«redeten» anfänglich fast ausschliesslich aneinander vorbei. Das grosse und
nicht selten verzweifelte Rätselraten hatte begonnen… Für mich als durchaus sprachgewandte
Person eine völlig neue Erfahrung, oft geprägt von akuter Hilflosigkeit.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich es zumindest in einigen Fällen schaffte,
den anfänglich immer gleich klingenden Code «Weinen» differenzierter
aufzuschlüsseln in «Jammern, weil Hunger», «Schreien, weil Bauchkrämpfe»,
«Reklamieren, weil Windel voll», «Heulen, weil müde» oder «Wimmern, weil
Kuschelbedürfnis». Taxierte ich es anfangs als hoffnungslos, meine Tochter je
zu verstehen, entwickelte ich mit der Zeit doch ein wenig Verständnis und irgendwann
fand sogar eine gewisse Basiskommunikation statt. Im Gegenzug beruhigte sie
sich meist, sobald sie merkte, dass ich sie richtig verstanden hatte.
Bei diesem Ratespiel sind wir mittlerweile gar auf dem nächsten Level
angelangt. In der Zwischenzeit kann ich sogar meist «Jammern, weil Hunger» und
«Krähen, weil sehr viel Hunger» unterscheiden, oder «Heulen, weil müde» und
«Schreien, wie am Spiess, weil komplett übermüdet». Im Gegenzug schenkt mir
mein Baby nun auch ein Lächeln, wenn es zufrieden ist, quietscht fidel oder
schaut mich dankbar an, wenn es bekommt, was es will. Nach einigen Wochen
findet also doch schon eine gewisse Interaktion statt, oder anders gesagt, eine
sehr simple Zweiwegkommunikation. Oft genug stellt sie mich aber auch wieder
vor neue Rätsel – und ich bin zurück auf Feld 1… Auch wenn wir uns in Sachen
Verständigung langsam steigern, wird es noch sehr sehr lange dauern, bis ich
mit meiner Tochter gleich sattelfest bin in der Kommunikation, wie ich es in
meinem Job bin.
Übrigens – der Begriff «Mutterschaftsurlaub» war, zumindest in meinem Fall,
äusserst irreführend. Mit Urlaub hatte das herzlich wenig zu tun. Bei aller
Liebe zu meinem Kind wäre «Mutterschaftsdienst» doch sehr viel treffender! Für
mich ist es jedenfalls einer der seltenen Fälle, wo ich froh bin, dass der
«Urlaub» nun zu Ende ist – und ich zumindest Teilzeit wieder zurück in meine
Berufswelt kann, wo ich gute Kommunikation wirklich beherrsche, weiss, dass ich
verstanden werde und meine oft sorgfältig gewählten, treffenden Worte bei der
Zielgruppe tatsächlich ankommen. Kurz – wo mein Knowhow zwar nach wie vor nicht
fürs Baby, aber immerhin nicht für die Katz ist!